Geologie und Erdgeschichte in Deutschland

Entwicklung der Ostsee

Die Ostsee ist ein geologisch junges Meer. Noch im Tertiär wurden fluviatile Sedimente eines baltischen Flusssystems aus Skandinavien nach Südwesten bis nach Norddeutschland und in die Niederlande transportiert. Die Ostsee kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden gewesen sein.

Auch zeigt die Tatsache, dass die elsterzeitlichen Grundmoränen Norddeutschlands wenig Kreide-Geschiebe enthalten, dass die Kreide-Schichten im Bereich der heutigen Ostsee noch nicht freigelegt waren und die Ostseesenke noch nicht im größeren Maße ausgeräumt war. Erst in der Holstein- und deutlicher noch in der Eem-Warmzeit trat die Ostseesenke als ein mariner Ablagerungsraum in Erscheinung. Die eemzeitliche Ostsee hatte bereits ähnliche Konturen wie heute, reichte allerdings weiter nach Nordosten. Die Entstehung der heutigen Ostsee begann im Spätglazial der Weichsel-Kaltzeit und reichte bis in die Frühphase des Holozäns.

Baltischer Eisstausee

Am Ende der Weichsel-Kaltzeit lag noch immer ein mächtiger Eisschild auf weiten Teilen Skandinaviens. Mit dem fortschreitenden Abschmelzen des Inlandeises wurde das Land von seiner Auflast befreit und begann sich zu heben.

Am Süd- und Südostrand des skandinavischen Eisschildes bildeten sich vor rund 14000 Jahren mehrere Eisstausseen, die sich allmählich vergrößerten und zum Baltischen Eisstausee zusammenwuchsen (Abb. 1). Der Abfluss des Sees erfolgte nach Westen, wurde jedoch während des Kälterückfalls in der Jüngeren Dryaszeit kurzzeitig unterbrochen, als die Gletscher letztmalig anwuchsen. Der Baltische Eisstausee, dessen Wasserspiegel zunächst höher lag als der Meeresspiegel, wurde zu Beginn des Holozäns durch den Abluss seiner Wassermassen auf das Niveau des Weltmeeres gesenkt.

Abb. 1: Baltischer Eisstausee vor rund 14000 Jahren

Yoldia-Meer

Der infolge der abschmelzenden Eismassen steigende Meeresspiegel führte dazu, dass das Meer über den Skagerak nach Osten vordringen konnte, da der Wiederaufstieg des vom Inlandeis befreiten Ostseeraums mit einer zeitlichen Verzögerung geschah. So konnte mit der Anpassung des Baltische Eisstausees an das Niveau des Weltmeeres vor etwa 10200 Jahren Salzwasser in den Ostseeraum vordringen.

Die Verbindung des Nordatlantiks zum Ostseeraum erfolgte über das südliche Schweden zwischen Göteborg und Stockholm (Abb. 2). Mit dem Meereswasser kam die marine Muschel Portlandia arctica (zuvor Yoldia arctica), die dem Meer den Namen Yoldia-Meer gab. Wie weit nach Osten die salinaren Bedingungen reichten und wie lange der Salzwassereinfluss überhaupt andauerte, ist jedoch umstritten.

Abb. 2: Yoldia-Meer vor rund 10000 Jahren

Ancylus-See

Mit der zunehmenden isostatischen Hebung Skandinaviens wurde dann vor rund 9300 Jahren die Verbindung zum offenen Meer wieder gekappt. Es kam zur Aussüßung und zur Entstehung eines Binnengewässers, das als Ancylus-See bezeichnet wird (Abb. 3). Namensgeber war die Süßwasserschnecke Ancylus fluviatils.

Abb. 3: Ancylus-See vor rund 9300 Jahren

Litorina-Meer

Etwa vor 8000 Jahren gewann der Ancylus-See erneut Anschluss an das offene Meer (Abb. 4). Die Verbindung zur Nordsee erfolgte in dem Bereich zwischen Dänemark und Schweden, der auch heute noch Nord- und Ostsee verbindet. Nach der Schnecke Littorina littorea wird dieses Stadium der Ostsee als Litorina-Meer (alternative Schreibweise Littorina-Meer) bezeichnet. In der Folgezeit war der Salzgehalt der Ostsee mehrfachen Schwankungen unterworfen.

Abb. 4: Litorina-Meer vor rund 8000 Jahren

Literatur

EHLERS, J. (2011): Das Eiszeitalter. - 363 S.; Heidelberg