Geologie und Erdgeschichte von Deutschland

Deutschland im Quartär

Weichsel-Kaltzeit

Die Weichsel-Kaltzeit begann vor rund 115000 Jahren. Die Eisbedeckung war auf den Nordosten Deutschlands beschränkt und die Elbe wurde vom Inlandeis nicht mehr überschritten. Abb. 2 zeigt den Verlauf des Eisrandes während der maximalen Vereisungsphase. Kennzeichnend war, dass es mehrere Eisvorstöße ab, zwischen denen sich die Gletscher bis in den Bereich der heutigen Ostsee zurückzogen.

Weichselzeitliche Ablagerungen bilden in Meckenburg-Vorpommern und Brandenburg die typischen Jungmoränenlandschaften (Abb 1.), deren Formen wesentlich deutlicher erkennbar sind als die der vorherigen Kaltzeiten des Pleistozäns. Als geomorphologische Voll- und Hohlformen treten u.a. Seen, Sölle, Oser, Sander und Endmoränenzüge auf.

Im Vorfeld der Gletscher sammelten sich die Schmelzwässer nach dem Austreten aus den Sanderkegeln in großen Urstromtälern, da nach Süden das Gelände zu den Mittelgebirgen hin anstieg. Parallel zur Gletscherfront erfolgte die Entwässerung dann in Richtung Nordwesten. In den eisfreien Gebieten weiter südlich schotterten die Flüsse unter periglazialen Verhältnissen die Niederterrassen auf.

Abb. 1: Wellige Jungmoränenlandschaft im westlichen Mecklenburg

Das Frühglazial

Bereits im Frühglazial gab es Vergletscherungen in Nordeuropa. Deutschland war davon aber noch nicht betroffen. Klimaschwankungen machten sich aber auch in Mitteleuropa bemerkbar. So kam es zu einem mehrfachen Wechsel von Stadialen und Interstadialen, bei denen die Vegetation zwischen Waldbedeckung und offener Tundralandschaft wechselte.

Das Hochglazial

Auch zu Beginn des Hochglazials gab es mehrere Stadiale und Interstadiale, ohne dass es zunächst zur Eisbedeckung in Deutschland kam. Dies änderte sich etwa in der Mitte des Hochglazials. Die Eisvorstöße erfolgten in mehreren als Phasen bezeichneten Schüben. Dazwischen zogen sich die Gletscher kurzzeitig wieder bis in den Ostsee-Raum zurück. Hinterlassenschaften dieser Vorstöße sind Randlagen oder Staffeln, die sich in der Landschaft teils deutlich als Endmoränenzüge zeigen. Gebietsweise ist ihr Verlauf allerdings undeutlich bis gar nicht erkennbar. Auch auf das Gletschervorland eingestellte Sanderflächen sind Zeugen der ehemaligen Eisrandlagen.

Mit jedem Vorstoß nahm die Dynamik der Eisvorstöße ab. Die Gletscher erreichten jeweils nicht die Ausdehnung des vorherigen Vorstoßes. Gebietsweise nähern sich Eisrandlagen auf wenige Kilometer, überfahren sich aber nicht. Dies hat zur Folge, dass die einzelnen Randlagen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern von Südwesten nach Nordosten eine zeitliche Abfolge von alt nach jung darstellen. In Schleswig-Holstein dagegen liegen die Eisrandlagen eng nebeneinander, der genaue Ablauf der einzelnen Gletschervorstöße ist dort schwerer rekonstruierbar.

Kennzeichnend für den Rückzug der weichselzeitlichen Gletscher war, dass mit dem Abschmelzen Toteisblöcke in der Landschaft zurückbleiben, die im nördlichen Mitteleuropa zur Entstehung einer Eiszerfallslandschaft mit typischen Geländeformen wie Osern und Söllen führten.

Die Brandenburger Phase bezeichnet den ersten bedeutenden Gletschervorstoß, der in der Weichsel-Kaltzeit zu einer großräumigen Bedeckung mit Inlandeis führte. Zugleich stellt die Brandenburger Phase die südliche Randlage der weichselzeitlichen Gletscher insgesamt dar, d.h. die Eisrandlage repräsentiert die Maximalausdehnung des Inlandeises während der letzten Kaltzeit. Da der Eisrand oszillierte, kann man die Brandenburger Phase unterteilen in vier Haltebereiche: Weichselmaximalvorstoß, Brandenburger Hauptvorstoß, Reicherskreuzer Halt und Grunower Halt.

Der Eisrand verlief durch das östliche Schleswig-Holstein, nordöstlich an Hamburg und südlich an Schwerin vorbei. Dann bog er stärker nach Südosten und schließlich nach Süden um, bis er etwa bei der Stadt Brandenburg wieder nach Südosten umschwenkte und über Luckenwalde und nördlich von Cottbus vorbei zur polnischen Grenze verlief. Abb. 2 zeigt den bekannten Verlauf des als Brandenburger Phase bezeichneten Eisvorstoßes.

Abb. 2: Die maximale Eisrandlage der Weichsel-Kaltzeit (Brandenburger Phase), nach verschiedenen Autoren

Der Eisvorstoß erfolgte relativ schnell und war mit dem Abfluss großer Schmelzwassermengen verbunden. Dies führte nur zu einer schwachen Überprägung des angetroffenen Reliefs. Langsam austauende Toteisblöcke ließen beim anschließenden Eisrückzug eine seenreiche Jungmoränenlandschaft entstehen. Diese vom Brandenburger Vorstoß gepägte und später vom Eis nicht mehr überfahrene Landschaft nimmt einen Nordwest-Südost durch Brandenburg verlaufenden Steifen ein. Dieser beinhaltet auch das Berliner Stadtgebiet.

Der Brandenburger Phase zugeordnet ist das (Glogau-)Baruther Urstromtal, über das die Entwässerung erfolgte. Auf seiner Südseite wird es begrenzt durch das saalzeitlich entstandene Altmoränengebiet des Südlichen Landrückens. Es ist das südlichste und zugleich älteste weichselzeitliche Urstromtal, das Brandenburg durchzieht. Auf deutscher Seite verläuft es nördlich von Forst (Lausitz) über Cottbus, Baruth und Luckenwalde, dann südlich an der Stadt Brandenburg vorbei bis nach Tangermünde. Dort erreicht es das Elbe-Urstromtal.

Der genaue Verlauf der Eisrandlage zeichnet sich in Form von Endmoränen und Sanderflächen in der Landschaft nicht immer deutlich ab. Gebietsweise treten Endmoränen der Brandenburger Phase nur undeutlich in Erscheinung oder fehlen ganz. Am Nordrand des Baruther Urstromtals sind sie jedoch mit kleinen Unterbrechungen vorhanden und markieren dort den Haltebereich des Brandenburger Hauptvorstoßes. An mehreren Stellen drang das Inlandeis allerdings in das Urstromtal vor und erreichte teilweise sogar sein Südufer (Juschus 2010). Diese Bereiche markieren den Weichselmaximalvorstoß. Nach dem ersten großen weichselzeitlichen Gletschervorstoß nach Mitteleuropa zog sich das Inlandeis nach Norden zurück. Möglicherweise wurde der komplette Nordosten Deutschlands eisfrei.

Die Frankfurter Phase stellt den zweiten bedeutenden Eisvorstoß der Weichsel-Kaltzeit nach Mitteleuropa dar. Ihr zugeordnet ist das (Warschau-)Berliner Urstromtal. Dieses diente auch noch in der nachfolgenden Pommerschen Phase als Entwässerungsbahn der anfallenden Schmelzwässer.

Die Existenz einer Frankfurter Phase als eigenständige Eisrandlage ist umstritten. Eine andere Deutung sieht in ihr nur die Haltelage einer Oszillationsphase während des Gletscherrückzugs der Brandenburger Phase. Die Geländeformen, die der Eisrandlage zugeordnet werden, sind komplex. Eindeutige Endmoränen sind nicht überall ausgebildet. Abschnittsweise ist der Verlauf der Frankfurter Phase eher das Ergebnis einer Eiszerfallslandschaft.

Die Eisrandlage durchläuft den Osten Schleswig-Holsteins und gelangt von dort nach Mecklenburg. Ab Schwerin ist der Verlauf nach Südosten gerichtet und geht nördlich an Berlin vorbei bis etwa nach Frankfurt an der Oder. Stellenweise verlaufen die Randlagen der Brandenburger und Frankfurter Phase in geringem Abstand fast parallel oder sind nicht voneinander zu unterscheiden.

Die Pommersche Phase fällt zusammen mit dem Kältemaximum der Weichsel-Kaltzeit. Die dabei gebildeten, oftmals in Loben gegliederten Endmoränen sind deutlich in der Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs erkennbar und gehören zu den morphologisch sichtbarsten Zeugnissen der Weichsel-Kaltzeit.

Oftmals lässt sich eine Zweigliederung der Eisrandlage erkennen. Der Maximalvorstoß der Pommerschen Phase läuft teilweise parallel zur Hauptrandlinie und ist dieser wenige Kilometer nach Südwesten vorgelagert. In Brandenburg kann man weitere Oszillationshalte unterscheiden wie die Angermünder und die Parsteiner Staffel. Die vom Gletschereis der Pommersche Phase bedeckte Landschaft zeigt sich heute reich an Seen, die durch subglaziale Erosion entstanden. Großflächig ist dort zudem eine Grundmoräne ausgebildet, die in ihrem Verbreitungsgebiet eine durch Hohl- und Vollformen reliefreich gestaltete Oberfläche formt und damit als eine typische Jungmoränenlandschaft angesehen werden kann. Am Ende der Pommerschen Phase zog sich das Inlandeis bis in den Bereich der Ostsee zurück.

Der letzte weichselzeitliche Eisvorstoß nach Mitteleuropa wird als Mecklenburger Phase bezeichnet. Die maximale Eisausdehnung blieb dabei hinter der früherer Vorstöße zurück. Sie findet sich vor allem in Mecklenburg-Vorpommern. Nach Westen hin ist der Verlauf undeutlich, findet sich aber möglicherweise im Bereich der Lübecker Bucht und längs der Ostküste Schleswig-Holsteins bis nach Dänemark. Kennzeichnend sind weniger Endmoränen, sondern vielmehr die an der Gletscherbasis abgelagerten Grundmoränen (Abb. 3), deren Geschiebeinhalt zeigt, dass das Eis aus dem östlichen Ostseeraum kam. Dies zeigt sich unter anderem am hohen Aufkommen paläozoischer Kalke. Der Eisvorstoß erfolgte relativ schnell in den westlichen Ostseeraum.

Abb. 3: Anstehender Geschiebemergel der Mecklenburger Phase, Ostseeküste bei Wustrow

Durch Oszillation entstanden im nördlichen Mecklenburg-Vorpommern mehrere Rückzugsstaffeln. Dies sind die Rosenthaler Staffel und die Velgaster Staffel. Die Rostenthaler Staffel tritt mit Stauchendmoränen morphologisch deutlich in Erscheinung. Stellenweise sind ihr Sanderflächen vorgelagert. Weitere Staffeln sind in ihrer stratigraphischen Stellung unsicher bzw. umstritten.

Im Anschluss an die Mecklenburger Phase gab es nochmals einen kurzen, lokal beschränkten Eisvorstoß bis nach Schleswig-Hostein und Dänemark. Anschließend kam es zu einer ersten Klimaverbesserung des Meiendorf-Interstadials, die das weichselzeitliche Spätglazial einleitete.

Das Spätglazial

Mit dem Meiendorf-Interstadials kam es im Spätglazial der Weichsel-Kaltzeit zu einer ersten Klimaerwärmung. Es erfolgte u.a. das Einwandern von Birke (Betula), Sanddorn (Hippophae), Wacholder (Juniperus) und Weide (Salix). Überwiegend bildete sich eine Strauchvegetation aus. Kennzeichnend war das Einwandern von Beifuß (Artemisia) zu Beginn des Interstadials und im weiteren Verlauf das Auftreten eines Sanddorn-Maximums. Gegen Ende des Meiendorf-Interstadials, das eine Dauer von rund 650 Jahren hatte, nahm der Anteil der Baumpollen in den Ablagerungen ab.

In der folgenden Ältesten Dryaszeit kam es zu einem Kälterückfall. Es herrschte Dauerfrostboden, insbesondere die Winter waren im Vergleich zum Meiendorf-Interstadial deutlich kälter. In den Ablagerungen dominieren Nichtbaum-Pollen. Es entstand eine offene Tundralandschaft, in der vor allem Gräser und Beifuß (Artemisia) dominierten. Strauchartig wachsende Bäume wie Zwergbirke und Zwergweide waren aber auch vertreten.

Mit dem Bölling-Interstadial setzte erneut eine Warmphase ein. Erkennbar wird dies am starken Anstieg der Birken-Pollen. Es entwickelten sich lichte Birkenwälder, dominiert vor allem von der Zwergbirke. Auch Salix und Juniperus waren mit geringeren Anteilen vertreten. Die Kiefer (Pinus) erreichte erstmalig wieder Mitteleuropa.

Die Ältere Dryaszeit brachte den nächsten Klimarückschlag. Die Birkenwälder zogen sich in südliche Richtung zurück oder lichteten sich. Es entstand wieder eine offene Steppenlandschaft. An Seen und Flüssen konnten sich, bedingt durch die Temperatur-dämpfende Wirkung des Wassers, strauchartig wachsende Baumarten aus den Gattungen Salix, Pinus, Hippophae und Juniperus halten.

Das Alleröd-Interstadial stellt das letzte Interstadial der Weichsel-Kaltzeit dar. Birkenwälder waren zu Beginn wieder auf dem Vormarsch. Später kam es zur ersten großräumigen Wiederbewaldung Mitteleuropas. Die Wälder waren noch relativ licht, neben Birke (Betula) und vor allem Kiefer (Pinus) traten zudem Laubbäume wie Eiche (Quercus) und Hasel (Corylus) auf. An Waldstandorten setzte erstmalig eine bedeutende Bodenbildung ein. Am Ende des Interstadials nahm der Kiefer-Anteil in den Wäldern deutlich ab, erneut begann die Birke zu dominieren. Dies leitete über zum letzten Kälterückfall des Spätglazials.

Als bedeutendes geologisches Ereignis fällt in die Zeit des Alleröd-Interstadials der Ausbruch des Laacher Sees in der Eifel. Die vulkanischen Ablagerungen sind an vielen Stellen Mittel- und sogar Nordeuropas nachgewiesen worden und bilden damit einen guten Leithorizont für die Zeit des Alleröd-Interstadials. Der Ausbruch des Laacher Sees wird auf 12900 Jahre vor heute datiert.

Bevor sich mit dem Holozän schließlich die aktuelle Warmzeit durchsetzte, gab es mit der Jüngeren Dryaszeit einen letzten, rund 1000 Jahre dauernde deutlichen Kälterückfall. Örtlich entstand nochmal Permafrost. In Mitteleuropa verschwanden die Wälder, es entwickelte sich eine subarktische Steppentundra. Die Ablagerungen werden von Nichtbaum-Pollen dominiert. Als Bäume bzw. Sträucher traten u.a. Betula in Form von Zwergbirke und Moorbirke auf, daneben Weide und Wacholder.

Als ein Grund für den Temperaturabfall werden kurzfristige Änderungen in der ozeanischen Zirkulation gesehen. Durch den Golfstrom wird warmes Oberflächenwasser aus den Tropen bis in den polaren Bereich vor der europäischen Küste transportiert. Dabei wird Wärme an die Luft abgegeben, so dass das Wasser allmählich abkühlt und absinkt. Diese freigesetzte Wärme hat maßgeblich Einfluss auf das Klima Europas.

Das Abschmelzen des Laurentischen Eisschildes führte gegen Ende der Weichsel-Kaltzeit in Nordamerika zur Bildung eines große Süßwassersees, da den Schmelzwässern durch Eisbarrieren zunächst der Abflussweg nach Osten in den Nordatlantik verwehrt war. Als dieser Damm schließlich brach, entleerte sich der See in den Nordatlantik, wo der Zufluss leichten Süßwassers eine Schwächung oder ein Aussetzen der thermohalinen Zirkulation verursachte.

Literatur

Böse, M. & Ehlers, J. & Lehmkuhl, F. (2018): Deutschlands Norden vom Erdaltertum bis zur Gegenwart. - 197 S.; Berlin

Ehlers, J. (1994): Allgemeine und historische Quartärgeologie. - 358 S.; Stuttgart

Ehlers, J. (2011): Eiszeitalter. - 376 S.; Heidelberg

Juschus, O. (2010): Der maximale Vorstoß des weichselzeitlichen Inlandeises am Nordrand des Lausitzer Grenzwalls und des Flämings. - Brandenburg. geowiss. Beitr. 17 1/2: 63-73; Cottbus

Litt, T. et al. (2007): Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes. - Eiszeitalter und Gegenwart 56/1-2: 7-65; Hannover