Geologie und Erdgeschichte von Deutschland

Deutschland im Quartär

Saale-Komplex

Auf die Holstein-Warmzeit folgte vor 300.000 Jahren der Saale-Komplex. Ursprünglich sprach man von einer Saale-Kaltzeit. Allerdings hat sich herausgestellt, dass dieser Zeitabschnitt neben längeren kälteren Abschnitten, die Vergletscherungsphasen im nördlichen Mitteleuropa ausgelöst haben, auch kürzere wärme Phasen umfasste.

Die Hinterlassenschaften des Saale-Komplexes umfassen das typische Spektrum kaltzeitlicher Klimaverhältnisse. Dazu gehören Grund- und Endmoränen, Schmelzwasserablagerungen, zum Teil in Form ausgedehnter Sanderflächen, äolische Sedimente und Flussterrassen. Die hügeligen, aus saalezeitlichen Grund- und Endmoränen aufgebauten Landschaften werden als Altmoränengebiete bezeichnet - dies im Gegensatz zur Jungmoränenlandschaft der nachfolgenden Weichsel-Kaltzeit.

Abb. 1 zeigt die maximale Vereisungsgrenze des Saale-Komplexes. Sie lag im Westen weiter südlich als zur Zeit der Elster-Kaltzeit. Weiter im Osten erreichte das Saale-Eis dagegen nicht ganz die maximale Verbreitung der vorherigen Kaltzeit. Man unterscheidet zwei große Eisvorstoßphasen für den nordwestdeutschen Raum, die als Drenthe- und Warthe-Stadium bezeichnet werden. Die maximale Ausbreitung des Inlandeises während des Drenthe-Stadiums ist in Deutschland identisch mit der des maximalen saalezeitlichen Eisvorstoßes. Die Stadien mit den angetroffenen saalezeitlichen End- und Grundmoränen in Verbindung zu bringen und auch die Korrelation zwischen Nordwestdeutschland und dem Osten Deutschlands ist nicht einfach und bis heute mit Unsicherheiten verbunden. Da vielerorts bis zu drei saalezeitliche Grundmoränen angetroffen werden, wird auch von der Älteren, Mittleren und Jüngeren Saale-Vereisung gesprochen. Dies vermeidet die Verwendung der unsicheren, teils auch verwirrenden Stadien- bzw. Phasenbezeichnungen.

Abb. 1: Die maximale Eisausdehung des Saale-Komplexes in Norddeutschland

Das Frühglazial

Die frühglaziale Phase, in der Norddeutschland noch eisfrei blieb, wird auch als Saale-Frühglazial oder "Untere Saale" bezeichnet. Dies in Abgrenzung zur "Oberen Saale", in der das Gletschereis aus Skandinavien kommend mehrfach den mitteleuropäischen Raum erreichte. Das Frühglazial war geprägt durch einen längeren, kühlen Abschnitt, der durch Interstadiale unterbrochen wurde. Mit der Fuhne-Kaltzeit verschwanden die wärmeangepassten Wälder der Holstein-Warmzeit und es kam zur Ausbreitung einer offenen, kältetoleranten Steppenvegetation. Die Zunahme klastischer Sedimente und periglaziärer Phänomene wie Eiskeile und Verbrodelungen sind geologische Anzeiger für kaltzeitliche Ablagerungen dieser Zeit.

Mit der Dömnitz- bzw. Wacken-Warmzeit kam es zu einer deutlichen Klimaänderung, die den Charakter eines Interstadials hatte. Es konnte sich in Mitteleuropa ein wärmeliebender Wald mit Hasel (Corylus), Hainbuche (Carpinus) und Eiche (Quercus) ausbreiten.

Vereisungsphasen

In Ostdeutschland wird der erste Eisvorstoß der Zeitz-Phase zugerechnet. Er reichte weiter nach Süden als die folgenden saalezeitlichen Vorstöße, seine Ablagerungen sind weit verbreitet und korrelieren wohl mit dem Drenthe-I-Vorstoß (Hauptdrenthe-Vorstoß) Nordwestdeutschlands. Das Eis nahm etwa einen Nord-Süd-gerichteten Verlauf und stoppte auf einer Linie von Eisleben über Zeitz und Grimma bis nach Görlitz. Neben der Ablagerung von Sandern und Grundmoränen (Till) kam es in Eisstauseen vor der Gletscherfront auch zum Absatz von Bändertonen und Beckenschluffen.

Nach einer etwas milderen, aber immer noch kühlen Phase (Pomßen-Intervall) mit einem Eisrückzug um 50 bis 70 km, kam es zu einem erneuten Vorstoß, der bis in den Raum Leipzig reichte und folglich als Leipzig-Phase bezeichnet wird. In seiner Maximalausdehnung erreichte das Eis fast die Ausmaße der vorherigen Vereisung. Die Leipzig-Phase stellt den Zeitraum des zweiten und dritten Inlandeisvorstoßes des Saale-Komplexes im Osten Deutschlands dar. Man sieht in ihr mittlerweile eher eine Eisrandoszillation, so dass man von einer Subphase sprechen müsste. Sie wird mit einem jüngeren Abschnitt des Hauptdrenthe-Vorstoßes Nordwestdeutschlands korreliert. Zu den Ablagerungen gehören zwei Grundmoränen, Vor- und Nachschüttsande und Bändertone.

In Nordwestdeutschland entsprechen die Moränen des Älteren Saalevorstoßes dem Hauptdrenthe-Vorstoß. Das aus Skandinavien kommende Eis bewegte sich zunächst in südliche bis südsüdwestliche Richtung. Bei diesem Vorstoß bedeckte das Inlandeis fast ganz Niedersachsen und Teile der östlichen Niederlande. Im Süden reichten die Gletscher bis zum Weserbergland. Dort wird dieser Vorstoß auch als Hamelner Phase bezeichnet. Über das Münsterländer Becken gelangte das Eis bis an den Südrand des Ruhrgebietes und bis an den Niederrhein. Dort wird die Eisrandlage durch die Stauchendmoränen der Niederrheinischen Höhen markiert. Im westlichen Niedersachsen gehört die Rehburger Eisrandlage mit den Dammer und Fürstenauer Bergen zu den markantesten Stauchmoräne der Älteren Saale-Vereisung. Die Grundmoränen des ersten Vorstoßes, die die Geestrücken des westlichen Niedersachsens aufbauen, sind meist sandig und tiefgründig entkalkt. Die Geschiebe dieser Normalfazies sind mittel- bis südschwedischer Herkunft.

In Nordwestdeutschland und den angrenzenden Niederlanden finden sich im obersten Abschnitt der Grundmoränen des Ältesten Eisvorstoßes rötlich bis bräunlich eingefärbte Bereiche, die einen anderen petrographischen Aufbau zeigen als die liegenden Partien. Das ostbaltisch geprägte Geschiebespektrum mit wenig Feuerstein, dafür Dolomit und paläozoischen Kalken, zeigt, dass der Eisstrom in der Endphase des ersten Vorstoßes eher aus Nordosten kam und den Ostteil des heutigen Ostseeraumes überfuhr und die dort anstehenden Gesteine als Geschiebe mitnahm.

Nach der ersten Vereisungsphase zog sich das Inlandeis bis in den Bereich der heutigen Ostsee zurück. Norddeutschland wurde somit für einige Zeit eisfrei. Der dann folgende Eisvorstoß, dem die Ablagerung mächtiger Schmelzwassersande voraus ging, reichte in Nordwestdeutschland bis in den Raum südlich von Cuxhaven und in die Lüneburger Heide. Dieser Mittlere Eisvorstoß wird in Niedersachsen auch als Jüngerer Drenthe- oder Drenthe-2-Vorstoß bezeichnet. Vorsschüttsande und Moränen führen Geschiebe mit überwiegend mittel- bis südschwedischer Herkunft. Im Gegensatz zum Älteren Saalevorstoß sind die Moränen tonhaltiger und daher weniger tief entkalkt. Die Entwässerung der Schmelzwässer erfolgte über das Aller-Weser-Urstromtal in Richtung Nordsee.

Am Ende des Mittleren Saalevorstoßes zog sich das Eis erneut bis in den heutigen Ostseeraum zurück. Das Klima blieb kühl, so dass große Toteisfelder in der Zeit zwischen dem Drenthe- und dem Warthe-Stadium in der Landschaft verbleiben konnten.

Der dritte saalezeitliche Gletschervorstoß (Jüngerer Saalevorstoß) wird als Warthe-Stadium bezeichnet. In Niedersachsen blieben seine Moränen hinter denen der ersten beiden Vorstöße zurück. Die Harburger Berge und der Wilseder Berg in der Lüneburger Heide gehören zu den Endmoränen des Warthe-Stadiums. Vor ihnen wurden großflächig Sanderschüttungen abgelagert, die sich in der dortigen Heidelandschaft wiederfinden. Die Endmoränen verlaufen von dort weiter nach Südosten über die Altmark und den Fläming bis in die Lausitz. Auch hier sind häufig Sander vorgelagert. Die Endmoränen sind teils staffelartig angeordnet, was auf kurze Oszillationsphasen während des Warthe-Stadiums schließen lässt.

In Niedersachsen und stellenweise auch in Schleswig-Holstein ist die Grundmoräne des Jüngeren Saalevorstoßes geprägt durch eine rotbraune Färbung, hohe Tonanteile und ein ostbaltisch geprägtes Geschiebespektrum. Sie unterscheidet sich petrographisch nicht von der Grundmoräne, die den Abschluss des Hauptdrenthe-Vorstoß im westlichen Niedersachsen bilden.

Auf den Saale-Komplex folgte die Eem-Warmzeit. Der Übergang verlief allerdings nicht kontinuierlich. Am Ende der Kaltzeit gab nochmal einen deutlichen Kälteeinbruch, ehe sich dann warmzeitliche Bedingungen durchsetzten.

Literatur

Ehlers, J. (2011): Eiszeitalter. - 376 S.; Heidelberg

Litt, T. et al. (2007): Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes. - Eiszeitalter und Gegenwart 56/1-2: 7-65; Hannover