Der Wettersteinkalk ist ein Gestein, das sich in der Ladin- und Karn-Stufe der Alpinen Trias bildete (Abb. 1) und in den Nördlichen Kalkalpen weite Verbreitung findet. Er tritt dort auf im Bayerisch-Nordtiroler und im Berchtesgadener Faziesraum. Der Wettersteinkalk entstand zeitgleich mit den Ablagerungen der Partnach-Formation. Während letztere als Absatz in Becken mit schlechter Wasserzirkulation angesehen werden können, gab es daneben flachere Stellen, die noch vom Licht durchflutet waren, und die günstige Bedingungen für die Besiedlung durch Riff-bildende Organismen wie Korallen und Kalkschwämme boten.
So entstanden mit der Zeit große, dem Licht entgegenwachsende Riffkörper, die schließlich durch ihr enormes Gewicht den Meeresboden, auf dem sie standen, nach unten drückten. Absenkung des Untergrundes und Wachstum der Riffe nach oben hielten sich über lange Zeiträume die Waage, so dass im Bereich der Deutschen Alpen mehrere hundert Meter mächtige Ablagerungen aus Wettersteinkalk entstanden.
Man kann eine Riff- und eine Lagunen-Fazies unterscheiden. Die ehemaligen, oft atollartigen Riffbauten und vorgelagerte Riffkalktrümmer liegen heute meist als massige Kalksteine vor. Lagunenbereiche im Innen der Karbonatplattformen waren Flachwasserzonen mit hoher Verdunstung. In diesem übersalzenen Lebensraum siedelten karbonatbildene Grünalgen (Wirtelalgen). Diese Bereiche liegen heute vor allem als geschichtete Karbonatgesteine vor.
Der Wettersteinkalk ist sehr erosionsbeständig, weshalb aus ihm aufgebaute Berge zu den wichtigsten Gipfelbildnern im Ostteil der Bayerischen Alpen gehören. Dazu zählen die Gipfel des Wetterstein- und des Karwendelgebirges. Im östlichen Allgäu endet sein Verbreitungsgebiet. Anders als der Hauptdolomit ist der Wettersteinkalk verkarstungsfähig. In seinem Ausstrichbereich treten daher Lösungsformen wie Karre, Dolinen und Höhlen auf. Die von ihm aufgebauten Berge zeichnen sich oft durch steile, glatte Wände aus.
In der Karn-Stufe endete schließlich das Riffwachstum. Die Gesteine der folgenden Raibl-Formation enthalten neben Karbonten auch klastische Ablagerungen und Evaporite. Sie zeigen veränderte ökologische Bedingungen im ostalpinen Sedimentationsraum an.
MEYER, R. K. F. (2018): Der Bayerische Alpenrand zwischen Füssen und Berchtesgaden. - 144 S.; München
SCHOLZ, H. (2016): Bau und Werden der Allgäuer Landschaft. - 354 S.; Stuttgart