Löss

Löss (alternative Schreibweise Löß) ist ein weitgehend in den pleistozänen Kaltzeiten entstandenes äolisches Sediment. Als feiner Sedimentstaub überlagert er Geländeoberflächen in meist größerer räumlicher Ausdehung und gleicht dabei Reliefunterschiede aus. Entstanden ist Löss, als der Wind in einer trockenkalten, vegetationsarmen Landschaft feinkörniges Sedimentmaterial aufnahm, das wegen der vorherrschenden physikalischen Verwitterung in großen Mengen vorhanden war, dieses über größere Entfernung transportierte und im Bereich ansteigenden Geländes oder dichterer Vegetation wieder absetzte. Der ganz überwiegende Teil des in Deutschland angetroffenen Lösses stammt aus der Weichsel-Kaltzeit. Während Flugsand vor allem im Spätglazial und auch noch im Holozän entstand, ist Löss weitgehend eine Bildung des Hochglazials.

Kein anderes quartärzeitliches Sediment hat eine so große Verbreitung auf den Kontinenten. Man schätzt, dass Löss rund 10 Prozent der heutigen Landoberfläche bedeckt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den mittleren Breiten. Andererseits sind nur wenige Löss-Ablagerungen aus älteren Zeitabschnitten der Erdgeschichte bekannt. Die pleistozänen Kaltzeiten boten also offenbar ganz besondere Ausgangsbedingungen für die Entstehung von Löss.

In Norddeutschland sind vor allem die Bördelandschaften die Verbreitungszonen großflächiger Löss-Ablagerungen. Die Mittelgebirge begrenzen diese Räume nach Süden, da das ansteigende Gelände zum Absatz des vom Wind transportierten Sedimentstaubes führte. Die Börden reichen nach Norden nicht bis an die ehemalige Vereisungsgrenze der Weichsel-Kaltzeit heran, da dort, im Vorfeld der großen Gletscher, die Liefergebiete der Sedimente lagen.

Auch in Süddeutschland gibt es großflächige Löss-Ablagerungen. Diese werden als Gäulandschaft bezeichnet. Im Alpenvorland reicht das Vorkommen von Löss teils bis an das maximale Verbreitungsgebiet der Würm-Kaltzeit. Da sich aus Löss sehr fruchtbare Böden entwickeln, sind Börden und Gäulandschaften Regionen früher Besiedlung und bis heute durch eine intensive Landwirtschaft geprägt.

Eigenschaften

Löss stellt ein gelbliches, karbonathaltiges Lockersediment dar, das überwiegend aus Schluff besteht. Der Tonanteil macht zwischen 5 und 20 Prozent aus. Der Feinsandgehalt kann ebenfalls bis zu 20 Prozent erreichen. Die Schluff-Komponenten, bei dem es sich insbesondere um Grobschluff handelt, bestehen weitgehend aus eckigen Quarzbruchstücken. Die mechanische Verwitterung unter kaltzeitlichen Bedingungen lieferte große Mengen dieses Materials.

Weitere Eigenschaften von Löss sind seine sehr gute Sortierung und seine hohe Porosität, die bis zu 60 Prozent betragen kann. Der Karbonatgehalt reicht bis 20 Prozent, gelegentlich kommen sogar noch höhere Werte vor. Das Karbonat ist entweder als Detritus in Schluff-Größe im Sediment fein verteilt oder es kommt in Form von Konkretionen vor oder es bildet Ablagerungen auf Klüften und den Wänden ehemaliger Wurzelbahnen. Die Konkretionen bildeten sich durch das mehrfache Lösen und Wiederausfällen von karbonatischem Detritus. Als Fossilien finden sich Gehäuse von kältetoleranten Landschnecken und auch Knochenreste von Bewohnern kaltzeitlicher Steppen.

Löss ist normalerweise ungeschichtet. Charakteristisch ist seine hohe Standfestigkeit, so dass anstehender Löss stabile, teils mehrere Meter hohe Wände bilden kann, z.B. an Flussufern oder an vom Menschen geschaffenen Böschungen. Andererseits ist Löss sehr anfällig für Erosion durch fließendes Wasser.

Die besonderen Eigenschaften von Löss liegen in seiner Struktur begründet. Die meist eckigen Schluffpartikel werden durch senkrecht angeordnete Tonbrücken auf Abstand gehalten. So entsteht eine stabile, sehr poröse Struktur. Durch fließendes Wasser jedoch kann es zum Lösen der Tonbrücken kommen und damit zum Einsturz des "Kartenhausgefüges".

Umwandlung und Bodenbildung

In Oberflächennähe tritt Löss heute nie in seiner Ursprungsform auf. Durch Verwitterung wurden Karbonate gelöst und Tonminerale verlagert. Es entstand so ein modifizierter Lösslehm (Abb. 1). An Hängen kam es zur Abspülung des anstehenden Lösses, so dass sich am Hangfuß teils geschichteter Schwemmlöss bildete.

Abb. 1: An Böschung anstehender Lösslehm, Essen-Schuir

Oftmals finden sich in Löss-Profilen Bodenhorizonte. Solche fossilen Böden, die in Warmphasen entstanden, bieten dann die Möglichkeit, die Löss-Abfolge zu gliedern und helfen, die Klimageschichte des Pleistozäns zu rekonstruieren.

Sowohl bei heutigen als auch bei fossilen Böden aus Löss handelt es sich meistens um Parabraunerden. Diese gehören zu den fruchtbarsten Böden Mitteleuropas. Durch ihr weites Korngrößenspektrum vereinen sie verschiedene günstige Eigenschaften. So sind aus Löss entstandene Böden porös. Sie sind daher gut durchlüftet und für Pflanzenwurzeln problemlos erschließbar. Wasser kann leicht in den Boden einsickern, andererseits aber auch gut gehalten werden. Durch den mäßigen Tonmineral-Anteil werden Nährstoffe gebunden, aber auch einfach wieder abgegeben.