Geologie des Stadtgebietes von Bochum

Geographischer Überblick

Die Stadt Bochum hat rund 360000 Einwohner und liegt im mittleren Ruhrgebiet. Naturräumlich liegt das Stadtgebiet im Übergangsbereich zwischen dem Bergisch-Sauerländischen Gebirge im Süden und der Westfälischen Tieflandsbuch im Norden. Der Anteil Bochums, der dem Bergisch-Sauerländischen Gebirge zugerechnet wird, ist Teil der Haupteinheit des Bergisch-Sauerländischen Unterlandes, welches den Nordrand des Bergisch-Sauerländischen Gebirges umfasst. Der nördliche Teil des Stadtgebietes, der zur Westfälischen Tieflandsbuch gehört, ist Teil der Haupteinheit des Westenhellwegs.

Geologischer Überblick

Im gesamten Untergrund des Stadtgebietes lagert eine mehrere tausend Meter mächtige Schichtenfolge des Oberkarbons. Diese Sedimente wurden einst im Rahmen der Variszischen Gebirgsbildung gefaltet und herausgehoben. In den südlichen Stadtteilen steht das Oberkarbon an der Oberfläche an oder reicht unter einem dünnen Schleier quartärzeitlicher Ablagerungen bis fast an die Oberfläche. Da die Karbon-Oberfläche nach Nordwesten hin unter ein mesozoisch-känozoisches Deckgebirge taucht, tritt im Norden Bochums kein Oberkarbon mehr an der Oberfläche auf (Abb. 1).

Über dem Karbon liegen in diskordanter Lagerung marine Sedimenten der Oberkreide. Sie entstanden, als das Meer im Cenoman nach einer langen festländischen Phase den Raum Bochum erneut erreichte. Diese Ablagerungen, die einst das gesamte Stadtgebiet bedeckten, sind heute durch Erosion im Süden Bochums abgetragen. Trotz ihrer großen Verbreitung im mittleren und nördlichen Teil Bochums tritt die Oberkreide fast nirgendwo direkt an die Oberfläche, da sie weitgehend durch Löss aus der letzten Kaltzeit überdeckt wird.

In den Kaltzeiten des Quartärs wurden Lockersedimente abgesetzt. Dazu gehören die verschiedenen Terrassenniveaus der Ruhr, die Grundmoräne und Schmelzwasserablagerungen der saalezeitlichen Gletscher und schließlich der weichselzeitliche Löss, der als dünner Schleier fast das gesamte Stadtgebiet überdeckt.

Abb. 1: Geologische Karten von Bochum (generalisiert); Topographie: © OpenStreetMap-Mitwirkende Lizenz: www.openstreetmap.org/copyright

Karbon (358 - 298 Mill. Jahre vor heute)

Das Variszische Gebirge entstand durch Kollision der beiden Kontinentblöcke Laurussia und Gondwana, die anschließend den Superkontinent Pangäa bildeten. Dabei wurde ein zwischen beiden Kontinenten liegender Meeresraum geschlossen. Bochum und das Ruhrgebiet lagen aus plattentektonischer Sicht auf dem nördlichen Kontinent Laurussia. Laurussia, das wegen seiner oftmals rötlichen Sedimente auch als Old-Red-Kontinent bezeichnet wird, war zuvor entstanden durch Kollision von Laurentia, Baltica und Avalonia.

Im Devon und Karbon wurden in dem Ozean zwischen dem Old-Red-Kontinent und Gondwana überwiegend marine Sedimente abgelagert, die ab Beginn des Oberkarbons durch die von Süden nach Norden wandernde Faltungsfront erfasst und deformiert wurden. Gesteine aus diesem Meeresraum stehen heute beispielsweise im Rheinischen Schiefergebirge an. Die Annäherung beider Kontinente führte dazu, dass immer weitere Bereiche des heutigen Mitteleuropas festländisch wurden und das Meer nur noch auf einen schmalen Streifen am Nordrand der Gebirgsfront eingeengt wurde. Dieser schmale Meeresarm hatte den Charakter einer Vortiefe, die die Abtragungsprodukte des von Süden her aufsteigenden Gebirges aufnahm. Sie wird als Subvariszische Saumtiefe bezeichnet.

Das Ruhrgebiet war Teil der Subvariszischen Saumtiefe, deren Trogachse sich im Verlauf ihrer Entwicklung von Süden nach Norden verlagerte. Das Becken erstreckte sich von den Britischen Inseln über Nordfrankreich, Belgien und die Niederlande nach Deutschland und von dort weiter nach Polen. Während des Oberkarbons füllte sich die Subvariszische Saumtiefe mit mächtigen Sedimentablagerungen.

Im Bochumer Stadtgebiet hat das Oberkarbon eine Mächtigkeit von mehreren tausend Metern. Direkt an der Oberfläche tritt es aber nur kleinräumig im Süden der Stadt auf. Der Grund liegt in den heutigen Lagerungsverhältnissen. Der gesamte Schichtstapel wurde nach Nordwesten gekippt. Das Karbon versinkt daher nach Nordwesten hin unter ein zunehmend mächtigeres Deckgebirge aus jüngeren Sedimenten. Tektonik, Petrographie und Stratigraphie des Oberkarbons sind durch den in Bochum umgegangenen Steinkohlenbergbau intensiv erkundet worden.

Unterkarbon

Das Ruhrgebiet war im Unterkarbon Teil des Rhenoherzynischen Beckens, das plattentektonisch zum Kleinkontinent Avalonia gehörte. Am südlichen Rand des Old-Red-Kontinents gelegen, kann das Becken in einen flachmarinen Teil im westlichen Ruhrgebiet und einen Tiefseebereich weiter östlich unterteilen werden, zu dem auch das Bochumer Stadtgebiet gehörte.

Das Rhenoherzynische Becken ging nach Süden in den Rheischen Ozean über, der im Karbon durch die Nordwanderung des Gondwana-Kontinents immer kleiner wurde, bis Gondwana und weitere vorgelagerte Mikroplatten schließlich mit Avalonia kollidierten. Die von Süden nach Norden wandernde Faltungsfront schob die Trogsedimente zwischen den Kontinenten zusammen und hob sie schließlich als Gebirge über den Meeresspiegel.

Oberkarbon

Das im Süden aufsteigende Festland machte sich ab dem Oberkarbon auch in den Ablagerungen des Rhenoherzynischen Beckens bemerkbar. War der Sedimenteintrag in das Becken im Devon und Unterkarbon vor allem aus nördlicher Richtung erfolgt, so traten ab dem Oberkarbon vermehrt klastische Schüttungen aus Süden auf. Im Zusammenhang mit der Gebirgsfaltung verlagerte sich die Beckenachse und damit der Sedimentationsraum sukzessive nach Norden. Mit der Heraushebung der im Rhenoherzynischen Becken angehäuften Sedimente wurde das Meer im Namur auf die schmale Subvariszische Saumtiefe eingegrenzt.

Während das Namur A noch eindeutig marine geprägt ist, zeigen die Ablagerungen im Namur B einen Umschwung der Sedimentation in Richtung einer terrestrisch-fluviatilen Fazies, die bis in das obere Westfal hinein zu einer kompletten Auffüllung der Subvariszischen Saumtiefe führte.

Im Namur B und verstärkt dann ab dem Namur C stellten sich Sedimentationsbedingungen ein, bei denen unter tropischen Klimabedingungen große Moore entstehen konnten, aus denen später die ersten Steinkohlenflöze entstanden. Die Subvarizische Saumtiefe war zu diesem Zeitpunkt mit Sedimenten aufgefüllt, so dass sich eine flache, von Seen und Mooren durchsetzte Landschaft entwickeln konnte, die nicht viel höher als der Meersspiegel lag. Das Meer war zurückgedrängt worden. Allerdings gab es gelegentliche marine Vorstöße, deren Schichten heute wichtige Leithorizonte im Karbon des Ruhrgebietes darstellen.

Die anhaltende Senkung der Subvariszischen Saumtiefe wurde durch den Sedimenteintrag von den Rändern in das Becken kompensiert, so dass die Verhältnisse einer flachen Küstenebene mit überwiegend limnisch-fluviatiler Sedimentation, in die gelegentlich das Meer vorstieß, über viele Millionen Jahre andauerte. In der Schichtenfolge lässt sich erkennen, dass marine Horizonte im Verlaufe des Oberkarbons immer seltener werden.

Die in den Mooren wachsenden Pflanzen gerieten nach dem Absterben unter Sauerstoffabschluss. Ihre organische Substanz wurde daher nicht vollständig zersetzt. Nach Überdeckung mit Sedimenten und der Absenkung in größere Tiefe wurde aus ihnen durch diagenetische Umwandlung schließlich Steinkohle.

Im höheren Namur B beginnt im Ruhrgebiet das produktive Oberkarbon (Abb. 2). Die flözführenden Formationen werden als übergeordnete lithostratigraphische Einheit zur Ruhr-Gruppe zusammengefasst. Die ältesten Karbon-Schichten in Bochum gehören der Sprockhövel-Formation aus dem Namur C an. Überwiegend ausgebildet ist die Formation als Abfolge von Ton- und Schluffsteinen mit eingeschalteten Steinkohlenflözen. Außerdem treten Sandsteine auf, die teilweise konglomeratisch sind. Die Sprockhövel-Formation ist noch deutlich marin beeinflusst. Zwischen den Flözen schalten sich meistens marine Horizonte ein, die einen reichen Fossilinhalt enthalten, zu dem unter anderen Goniatiten und Linguliden zählen.

Südlich der Ruhr, bereits nicht mehr auf Bochumer Stadtgebiet, streichen Schichten der Sprockhövel-Formation an der Oberfläche aus. Aber auch nördlich des Kemnader Sees auf der Bochumer Seite gibt es kleinräumige Vorkommen an oder nahe an der Geländeoberfläche.

Abb. 2: Stratigraphie des Oberkarbons (vereinfacht) im Ruhrgebiet und Rheinischen Schiefergebirge

Die Witten-Formation, die das Untere Westfal A umfassen, beginnen mit dem marinen Sarnsbank-Horizont unmittelbar über Flöz Sarnsbank 2 und endet mit Flöz Plaßhofsbank. Neben Ton- und Schluffsteinen und zahlreichen, auch abbauwürdigen Steinkohlenflözen finden sich in der Witten-Formation markante Sandsteinhorizonte und Konglomeratlagen. Sie wurden aus dem aufsteigenden Gebirge im Süden geschüttet und werden als Küsten- oder Deltaablagerungen gedeutet. Schichten der Witten-Formation streichen im Südosten des Bochumer Stadtgebietes an der Oberfläche aus oder liegen oberflächennah unter geringer Lössbedeckung.

Abb: 3: Flöz Wasserfall im Geologischen Garten Bochum

Die Bochum-Formation nimmt das Obere Westfal A ein. Der marine Einfluss ist gegenüber der Witten-Formation geringer. Insbesondere in ihren höheren Abschnitten fehlen marine Einschaltungen ganz. Die Schichtenfolge beginnt oberhalb von Flöz Plaßhofsbank mit einem marinen Horizont und endet unterhalb von Flöz Katharina. Viele der Flöze wurden vom Bergbau angefahren und sind in ihrer Verbreitung und Mächtigkeit gut bekannt. Schichten der Bochum-Formation streichen nördlich der Witten-Formation an der Karbon-Oberfläche aus. Sie sind wegen der Überbauung im Stadtgebiet und der dünnen Bedeckung mit quartärzeitlichem Löss meistens der direkten Beobachtung nicht zugänglich.

Mit der Essen-Formation, die dem Unteren Westfal B zugeordnet werden kann, endet die karbone Schichtenfolge in Bochum. Die Essen-Formation beginnt über Flöz Katharina und endet unterhalb des marinen Domina-Horizontes. Insbesondere in ihrem mittleren Abschnitt treten zahlreiche Flöze auf.

In der Asturischen Phase gegen Ende des Westfals wurde der Inhalt der Subvariszischen Saumtiefe gefaltet und zu einem Gebirge herausgehoben, wobei die Hebung und die damit verbundene Abtragung im Süden stärker war als im Norden. Dies führt dazu, dass heute an der Karbon-Oberfläche im Süden ältere Schichten anstehen als weitere im Norden.

Perm (298 - 251 Mill. Jahre vor heute)

Im Perm war das Variszische Gebirge weitgehend zu einer Rumpffläche eingeebnet. Dass heute jedoch große Teile der ehemaligen Varisziden wieder als Gebirge die Landschaft prägen, ist auf jüngere Bruchtektonik zurückzuführen, die erst im Tertiär einsetzte.

Das Zechstein-Meer, das von Norden kommend eine reliefarme Fläche überflutete, reichte bis an den Nordwestrand des Ruhrgebietes. Bochum blieb während des Perms, in dem aride Klimaverhältnisse herrschten, auf dem Festland.

Trias (251 - 201 Mill. Jahre vor heute), Jura (201 - 145 Mill. Jahre vor heute)

Die Trias war in Mitteleuropa teils flachmarin, teils terrestrisch, der Jura eindeutig marin geprägt. Sedimente aus Trias und Jura finden sich im Raum Bochum nicht. Sie wurden entweder nicht abgelagert oder später erodiert.

Kreide (145 - 66 Mill. Jahre vor heute)

Die Kreide war eine Zeit der Vorherrschaft des Meeres. Auch im Ruhrgebiet zeigt sich dies durch das Auftreten mariner Kreide-Sedimente, die am Rande eines warmen Flachmeeres abgelagert wurden. Zwar gab es schon in der Unterkreide erste Meeresvorstöße bis in Randbereiche des Ruhrgebietes, aber erst mit der Transgression im Cenoman zu Beginn der Oberkreide setzten sich langfristig marine Verhältnisse durch.

Ablagerungen der Oberkreide umfassen in Bochum den Zeitraum von Cenomen bis Coniac (Abb. 4). Im Cenoman wurde Bochum von einem flachen Schelfmeer bedeckt, als weite Teile Mitteleuropas marin wurden. Südlich des Ruhrgebietes ragte allerdings die Rheinische Masse noch als isolierte Landfläche aus dem Meer. Als Rheinische Masse wird der konsolidierte Festlandsblock im Zentrum Mitteleuropas bezeichnet, der sich in der Paläogeographie des Mesozoikums als ein stabiles Landgebiet auszeichnete.

Abb. 4: Gliederung der Oberkreide im Stadtgebiet von Bochum

Das vorstoßende Kreide-Meer fand im Raum Bochum eine relieferte Landschaft vor, an deren Oberfläche die lange zuvor abgelagerten und gefalteten Schichten des Karbons anstanden. Einzelne Klippen ragten daher zunächst noch aus dem Cenoman-Meer heraus. Der Kontakt zwischen den aufgerichtete und gekappten Karbon-Schichten und den annähernd horizontal lagernden Kreide-Schichten darüber ist in Bochum-Wiemelhausen im Geologischen Garten, einer aufgelassenen Ziegeleigrube, eindrucksvoll aufgeschlossen (Abb. 5).

Abb: 5: Karbon-Kreide-Diskordanz, Geologischer Garten

Die Oberkreide beginnt mit Sedimenten der Essen-Grünsand-Formation, die die gesamte Cenoman-Stufe umfasst. In seiner kompletten Ausbildung umfasst er eine basale, teils konglomeratische Lage, über die der eigentliche Essen-Grünsand folgt. Dieser geht zum Hangenden hin in einen glaukonitischen Kalkmergelstein über. Den Abschluss bildet die Kalkknollenbank, ein überregional verfolgbarer glaukonithaltiger Kalkmergelsteinhorizont.

Die Basallage ist eine strandnahe Fazies. Sie besteht oft aus einem Sandstein-Konglomerat und zeigt die Aufarbeitung der Landoberfläche durch das vorstoßende Meer an. Darüber können Toneisensteinkonglomerate auftreten, die sich aus aufgearbeiteten Toneisensteinen des Karbons zusammensetzen. Der eigentliche Essen-Grünsand besteht aus glaukonitischen Sandsteinen oder Sandmergeln. Sein Verfestigungsgrad ist schwankend. Der Glaukonit- und Sandgehalt des Essen-Grünsandes weist ihn als eine küstennahe Bildung am Südrand des Kreide-Meeres aus.

Die Sedimente der Cenoman-Stufe, deren maximale Mächtigkeit in Bochum nur wenige Meter beträgt, streichen als schmaler Streifen aus, der sich über Bochum hinaus am gesamten Südrand des Westfälischen Kreide-Beckens verfolgen lässt.

Die sandärmeren Ablagerungen zu Beginn des Turons zeigen an, dass die Küste nun weiter entfernt lag. Im Raum Bochum kamen Kalkmergel- und Tonmergelsteine zur Ablagerung, die wegen des häufigen Vorkommens von fossilen Schalenresten der Muschel Inoceramus labiatus früher als labiatus-Schichten bezeichnet wurden. Ihre heutige Bezeichnung ist Büren-Formation.

Darüber folgen die Bochum-Grünsand- und die Soest-Grünsand-Subformation, die ebenfalls noch zur Turon-Stufe gehören und nach der neuen Kreide-Gliederung Teil der Duisburg-Formation sind. Mit ihnen kehrten küstennahe Bedingungen zurück, die erneut zur Entstehung glaukonitreicher, sandiger Ablagerungen führten. Beide Grünsande sind petrographisch sehr ähnlich ausgebildet. Östlich von Bochum werden sie getrennt durch die eingeschalteten Kalksteine und Kalkmergelsteine der Oerlinghausen-Formation, die nach Osten hin zunehmend mächtiger wird und als Härtling den Haarstrang aufbaut. Da die Gesteine der Oerlinghausen-Formation in Bochum nicht auftreten, können die Bochum-Grünsand- und die Soest-Grünsand-Subformation hier nicht voneinander unterschieden werden.

Die jüngsten Kreide-Sedimente im Stadtgebiet stammen aus dem Coniac. Die Erwitte-Formation geht ohne deutlichen Übergang aus den Grünsanden des Turons hervor. Diese glaukonithaltigen Sandmergelsteine gehen ihreseits ohne scharfe Grenze in die Mergelsteine der Emscher-Formation über. Damit endet die Schichtenfolge der Kreide in Bochum.

Tertiär (66 - 2,6 Mill. Jahre vor heute)

Während des Tertiärs lag Bochum auf dem Festland. Der Meeresvorstoß, der im Oligozän auch das westliche Ruhrgebiet erreichte, gelangte nur bis in den Raum Mülheim. Daher kam es im Stadtgebiet Bochum unter terrestrischen Bedingungen zur Abtragung der anstehenden Landoberfläche. Am Ende des Pliozäns setzte die tektonische Hebung des Rheinischen Schiefergebirges ein, so dass die Ruhr begann, sich in ihren Untergrund einzuschneiden.

Quartär (ab 2,6 Mill. Jahre vor heute)

Vor 2,6 Millionen Jahren begann das Quartär. Es ist durch starke Klimaschwankungen mit dem wiederholten Wechsel von Kalt- und Warmzeiten geprägt. Die letzten drei Vereisungsphasen werden als Elster-, Saale- und Weichsel-Kaltzeit bezeichnet. In diesen Kaltzeiten erreichten aus Skandinavien kommende Eisschilde Mitteleuropa. In den Warmzeiten stellten sich Klimabedingungen ein, die ungefähr mit den heutigen vergleichbar waren.

Kaltzeitliche Ablagerungen des Quartärs nehmen einen Großteil der Oberfläche des Stadtgebietes ein. Dazu gehörten die fluviatilen Ablagerungen der Ruhr, die Grundmoräne und Schmelzwasserablagerungen der vorrückenden Gletscher und die dünne Schicht aus Löss, die weite Flächen von Bochum überdeckt (Abb. 6).

Abb. 6: Gliederung des Pleistozäns im Raum Bochum mit wichtigen Ablagerungen

Cromer-Komplex

Die Hauptterrasse der Ruhr wurde während zweier Kaltphasen innerhalb des Cromer-Komplexes im Altpleistozän aufgeschottert. Im mittleren und östlichen Ruhrgebiet lässt sich die Hauptterrasse der Ruhr in eine Obere und eine Untere Hauptterrasse untergliedern. Zur Entstehungszeit der Oberen Hauptterrasse floß die Ruhr östlich der Bochumer Innenstadt in einem weiten Bogen nach Norden. Ihre Ablagerungen, die als Castroper Höhenschotter bezeichnet werden, bilden im Norden von Bochum und im Stadtgebiet von Herne eine durch Reliefumkehr herauspräparierte Verebungsfläche.

Im frühen Quartär hatte sich die Ruhr noch nicht in den Untergrund eingetieft und konnte daher weiträumig mäandrieren. Mit den tektonischen Hebungen, die im Altpleistozän das Rheinische Schiefergebirge erfassten, tiefte sich der Fluss in den Untergrund ein und wurde damit zunehmend auf sein heutiges Tal eingeschränkt.

Der genaue Verlauf dieses alten Ruhrarms ist unsicher. Möglicherweise nahm der Fluss das heutige Tal des Ölbachs, um zurück nach Süden zu fließen. Andererseits wurden auch in Essen Sedimente gefunden, die den Castroper Höhenschottern entsprechen könnten. Dies würde für einen viel größeren Ruhrmäander sprechen.

Die Castroper Höhenschotter zeigen als Liefergebiet das Rheinische Schiefergebirge an. Als Hauptkomponenten treten Quarzite, Quarze, Grauwacken, Sandsteine und Lydite auf. Ihre Mächtigkeit wird in Bochum-Kornharpen mit 5 m angegeben (Stehn 1988).

Kleine Überreste der Unteren Hauptterrasse der Ruhr finden sich als Verebnungsflächen auf der Nordseite des Kemnader Sees. Sie sind von Löss bedeckt und in der Regel einer direkten Beobachtung nicht zugänglich.

Elster-Kaltzeit

Während der Elster-Kaltzeit erreichte das skandinavische Inlandeis erstmals Norddeutschland. Dabei wurden die Ablagerungen aus der Frühphase des Quartärs fast vollständig abgetragen, so dass über diese frühen Kalt- und Warmzeiten wenig Aussagen getroffen werden können.

Das Ruhrgebiet blieb in der Elster-Kaltzeit eisfrei, da die Gletscher in südwestlicher Richtung nur bis in den Bereich des Teutoburger Waldes vordrangen. Im periglazialen Vorland der Gletscher wurden die Obere und Mittlere Mittelterrasse der Ruhr aufgeschottert. Ähnlich wie zur Entstehungszeit der Castroper Höhenschotter folgte die Ruhr während der Aufschotterungsphase der Oberen Mittelterrasse wohl im Raum Witten dem nach Norden gebogenen Mäander, um im Bereich des Ölbachtals wieder das heutige Ruhrtal zu erreichen.

Saale-Kaltzeit

Nach der Holstein-Warmzeit, von der es im Bochumer Stadtgebiet keine überlieferten Vorkommen gibt, erreichte das Inlandeis in der folgenden Saale-Kaltzeit das Ruhrgebiet. In den frühglazialen Zeitraum vor dem Eintreffen der Gletscher fällt die Bildung der Unteren Mittelterrasse. Der bereits erwähnte Mäander zwischen Witten und Bochum wurde zunächst weiterhin von der Ruhr benutzt. Im Ölbachtal, auf der Westseite des Mäanderbogens, sind Sedimente der Unteren Mittelterrasse oberflächennah erhalten geblieben (Abb. 7).

Als die Eismassen im Drenthe-Stadium schließlich nach Bochum vorrückten, führten die aus den Gletschern austretenden Schmelzwässer zu einer starken Erosion der Castroper Höhenschotter und der im Frühglazial aufgeschotterten Unteren Mittelterrasse. Die austretenden Schmelzwässer wurden der Ruhr zugeführt. Als das Eis den Mäanderbogen erreichte, drängte es die Ruhr weiter nach Süden. Die maximale Vereisungsgrenze im Drenthe-Stadium dürfte etwas südlich des Bochumer Stadtgebietes gelegen haben. Der Ruhr wurde durch das Eis der Abfluss nach Westen versperrt, so dass sich in der Folgezeit ein Stausee bildete. Auch nach dem Abtauen der Gletscher verhinderten die Schmelzwasserablagerungen zunächst den freien Abfluss nach Westen. Erst anschließend schaffte der Fluss den Durchbruch durch die harten Karbon-Gesteine südwestlich von Witten. Damit wurde der Ruhrmäander abgeschnitten und inaktiv.

Das durch die Gletscher mitgeführte Gesteinsmaterial wurde nach dem Abtauen als Grundmoräne abgesetzt. Das Material der Grundmoräne besteht zum größten Teil aus den Sedimenten, die zum Zeitpunkt des Eintreffens der Gletscher an der Oberfläche anstanden. Je nachdem, ob es sich dabei um Gesteine aus der Karbon- oder der Kreide-Zeit handelte, ist die Grundmoräne in ihrer Zusammensetzung stark von diesen Ablagerungen geprägt. Nordische Geschiebe, die das Inlandeis aus Skandinavien oder dem Ostseeraum mitbrachte, können helfen, Grundmoränen eindeutig als solche zu identifizieren.

In den Zeitraum unmittelbar vor und nach dem Eisvorstoß an den Südrand des Ruhrgebietes fällt die Ablagerung von Schmelzwassersedimenten (Abb. 7). Aus dem Gletscher austretende Gletscherbäche führten klastische Sedimente mit, die dann als Vorschüttsande während der Vorrückphase und als Nachschüttsande während der Abtauphase der Gletscher abgelagert wurden. Solche Schmelzwasserablagerungen wurden im Bereich des Mäanderbogens der Ruhr zwischen Bochum und Witten gefunden.

Abb. 7: NNW-SSE-gerichtetes Profil (überhöht) im Osten des Bochumer Stadtgebietes, verändert nach Stehn (1988)

Weichsel-Kaltzeit

Nach der Eem-Warmzeit, von der es in Bochum keine überlieferten Reste gibt, lag das Ruhrgebiet während der Weichsel-Kaltzeit im Periglazialklima. In einer kalten Trockensteppe im Vorfeld der Gletscher kam es zur Aufschotterung der Niederterrasse und zur großräumigen Ablagerung von Löss.

Anders als im westlichen Ruhrgebiet, wo die Ruhr ab Mülheim-Styrum ihr enges Tal verlässt und eine breite Niederterrasse aufschottern konnte, bot das enge Ruhrtal bei Bochum nur wenig Platz für die Ausbildung des Terrassenkörpers. Reste der Niederterrasse finden sich südlich des Kemnader Sees. Dort liegen sie aber schon außerhalb des Bochumer Stadtgebietes.

Aus der trockenen, vegetationsarmen Kältesteppe konnte der Wind vor allem im Hochglazial Gesteinsmaterial aufnehmen, transportieren und erneut ablagern. Auf diese Weise entstand Löss, der einen Großteil der heutigen Geländeoberfläche mit einer dünnen, teilweise auch mehrere Meter mächtigen Schicht überdeckt. Löss ist ein helles, kalkhaltiges Sediment mit einem Korngrößenmaximum im Grobschluffbereich. Das Korngrößenspektrum reicht insgesamt von Ton bis zu Feinsand. In Hanglagen wurde der Löss nach seiner Ablagerung oftmals umgelagert, zudem ist er heute in Oberflächennähe zu Lösslehm entkalkt.

Holozän

Nach Ende der Weichsel-Kaltzeit vor 11000 Jahren begann mit dem Holozän die aktuelle Warmzeit. Mit der Erwärmung setzte die Wiederbewaldung des Ruhrgebietes ein. Holozäne Ablagerungen finden sich vor allem im Auenbereich der Ruhr und in den Nebentälern kleinerer Bäche.

Im Holozän schnitten sich die Flüsse und Bäche in den Untergrund ein. Die Ruhr arbeiten dabei einen Teil der kaltzeitlichen Terrassenablagerungen auf und lagerte sie um. Diese umgelagerten Flusssedimente werden als Ruhrschotter bezeichnet. Überlagert werden sie von Auenlehmen und Auensanden, die sich bei Hochwasser in der Talaue absetzten.

An der Oberfläche anstehendes Lockermaterial wurde im Holozän durch Erosions- und Denudationsprozesse hangabwärts bewegt und in den kleineren Nebentälern angehäuft. Oftmals handelt es sich bei dem verlagerten Material um Lösslehm.

Tektonik

Die von Süden nach Norden schreitende Faltungsfront erreichte im späten Oberkarbon die Subvarizische Saumtiefe. Die Karbon-Schichten wurden dabei gefaltet. Daneben entstand Bruchtektonik in Form von Querstörungen und steil einfallende Blattverschiebungen.

Das Ruhrgebiet lag am Außenrand des Variszischen Gebirges, wo Faltungsintensität und Hebungsbetrag in Richtung auf das Vorland erkennbar abnahmen. Die Karbon-Oberfläche sinkt heute nach Nordwesten ab und verschwindet unter dem mesozoisch-känozoischen Deckgebirge.

An den im Paläozoikum entstandenen Bruchstrukturen setzten in der Oberkreide, während der Lamarischen Phase, Einengungsbewegungen ein, die im Zusammenhang mit der Alpidischen Gebirgsbildung standen. Abschiebungen wurden so zu Aufschiebungen umgestaltet. Diese Bewegungen betrafen nicht nur das Steinkohlengebirge, sondern auch die Kreide-Schichten des Deckgebirges.

Tektonik im Paläozoikum

Der Inhalt der Subvariszischen Saumtiefe, in der sich während des Oberkarbons enorme Sedimentmengen angesammelt hatten, wurde in der Asturischen Phase am Ende des Oberkarbons durch die von Süden nach Norden wandernde variszische Faltungsfront erfasst, eingeengt, in Falten gelegt und herausgehoben. Dabei war die Hebung im Süden des Gebirges am stärksten. Die Faltungsintensität in den Karbon-Schichten nimmt von Südosten nach Nordwesten ab, bis sie am Nordwestrand des Ruhrgebietes allmählich ausläuft.

Die variszisch gefaltete und eingeebnete Karbon-Oberfläche, die im Süden des Ruhrgebietes unmittelbar an der Oberfläche ausstreicht, taucht heute nach Nordwesten unter ein zunehmend mächtigeres Deckgebirge. Dabei werden an der Karbon-Oberfläche im Südosten tiefer liegende und damit ältere Schichten angeschnitten werden als weiter im Nordwesten.

Die tektonische Einengung des karbonen Sedimentstapels führte zur Entstehung von Falten, die etwa Südwest-Nordost streichen. Die oberflächennahen, weitspannigen Falten bezeichnet man im Ruhrgebiet als Hauptsättel und Hauptmulden. Diese Großstrukturen werden an ihren Flanken weiter modifiziert durch kleinräumige Spezialfaltung und Überschiebungen im Streichen der Falten.

Die Faltenachsen der Hauptsättel und Hauptmulden, also die gedachten Linien im Raum, um die herum sich die Schichten gekrümmt haben, zeigen ein vertikales Auf- und Abtauchen. Eine solche Achsenwellung ist typisch für das Ruhrkarbon und macht die Lagerungsverhältnisse an der Karbon-Oberfläche kompliziert, da die Karbon-Oberfläche ja eine Schnittfläche durch eine geneigte und zusätzlich im dreidimensionalen Raum verformte Schichtenabfolge darstellt.

Kennzeichnend für das Ruhrkarbon ist eine Stockwerktektonik. Das bedeutet, dass sich die tektonischen Strukturen in vertikaler Richtung ändern. Die oberflächennahen Hauptsättel und Hauptmulden werden zur Tiefe hin abgelöst von einem Bereich mit vielen Überschiebungen und Spezialfalten. Das tiefste Stockwerk zeigt kleinräumige Spezialfaltung, so dass die Untergliederung in Hauptmulden und Hauptsättel verloren geht (Drozdzewski & Wrede 1994). Überschiebungen haben dort keine große Bedeutung mehr.

Neben der Faltung sind die Karbon-Schichten von Querstörungen durchsetzt, die meistens Nordost-Südwest gerichtet sind und in der Endphase der variszischen Ära angelegt wurden. Diese Abschiebungen, die als Sprünge gezeichnet werden, zergliedern das Steinkohlengebirge in Gräben und Horste. Sie modifizieren das Bild an der Karbon-Oberfläche zusätzlich, da auf der abgeschobenen Scholle höherliegende und damit jüngere Schichten angeschnitten werden als auf der anderen Seite der Verwerfung. Schließlich treten auch noch Blattverschiebungen auf, die spitzwinkelig zum Streichen der Falten angelegt sind.

Die tektonischen Großstrukturen des obersten Stockwerkes, die an der Karbon-Oberfläche des Bochumer Stadtgebietes anstehen, sind von Südosten nach Nordwesten: Wittener Hauptmulde, Stockumer Hauptsattel, Bochumer Hauptmulde und schließlich Wattenscheider Hauptsattel (Abb. 8).

Abb. 8: Tektonische Großstrukturen im mittleren Ruhrgebiet, verändert nach Pieper (1990)

Die Großfalten setzen sich aus zahlreichen Einzelfalten zusammen. Überschiebungen im Streichen der Falten finden sich insbesondere an den Sattelflanken. So durchzieht beispielsweise die überregional verfolgbare Satanella-Überschiebung die Südostflanke des Stockumer Hauptsattels.

Von den bedeutenden Abschiebungen des Ruhrkarbons, die als Sprünge bezeichnet werden und das Steinkohlengebirge in Graben- und Hochgebiete zerblocken, verläuft der Primus-Sprung in Nord-Süd-Richtung östlich an Bochum-Wattenscheid und Bochum-Dahlhausen vorbei. Seine östliche Scholle ist mehrere hundert Meter abgesunken (Pieper 1990).

Tektonik im Mesozoikum

In der postvariszischen Ära kam es zunächst zu Krustendehnungen. Dies führte insbesondere in der Altkimmerischen Phase gegen Ende der Trias zu Bewegungen an den Querstörungen des Ruhrkarbons. In der Lamarischen Phase, die im Zusammenhang mit der Alpidischen Gebirgsbildung stand, wurden in der Oberkreide die Störungen dann erneut aktiviert. Nun aber kam es zu einer Einengungstektonik und damit zu Bewegungen in entgegengesetzter Richtung. Die Kreide-Schichten wurden dabei an den Störungen flexurartig aufgeschoben und zu flachen Faltenstrukturen gebogen. Auch die Einsenkung der Westfälischen Bucht fällt in die Zeit der Oberkreide. Als Resultat sind die Kreide-Schichten des Deckgebirges leicht in Richtung des Beckens geneigt.

Literatur

Drozdzewski, G. & Wrede, V. (1994): Faltung und Bruchtektonik - Analyse der Tektonik im Subvariszicum. - Fortschr. Geol. Rheinld. u. Westf. 38: 7-187, 101 Abb., 2 Tab., 2 Taf.; Krefeld

Hetzel, I. (2013): Physische Geographie von Bochum und Herne. - Veröff. Bochumer Bot. Ver. 5(2): 7-32; Bochum

Kaplan, U. & Püttmann, T. & Scheer, U. (2019): Biostratigraphie kreidezeitlicher Transgressionssedimente im "Geologischen Garten" von Bochum-Wiemelhausen. - Geologie und Paläontologie in Westfalen 91 (2019): 25-36; Münster

Kasielke, T. (2015): Geologie und Reliefentwicklung im Raum Bochum. - Veröff. Bochumer Bot. Ver. 7(3): 15-36; Bochum

Pieper, B. (1990): Erläuterungen zu Blatt 4508 Essen. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:25000, 136 S., 14 Abb., 17 Tab., 4 Taf.; Krefeld

Ribbert, K.-H. (2007): Erläuterungen zu Blatt C4706 Düsseldorf-Essen. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:100000, 86 S., 23 Abb., 3 Tab., 1 Taf.; Krefeld

Stehn, O. (1988): Erläuterungen zu Blatt 4509 Bochum. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:25000, 130 S., 15 Abb., 13 Tab., 5 Taf.; Krefeld